Sie steht vor uns. THERESA. Groß gebaut, aber als schlank kann man die Dame nicht gerade bezeichnen. Ob sie schön ist? Geschmacksache. Schönheit liegt immer im Auge des Betrachters. THERESA – die „THERmischeEnergieSpeicherAnlage“ steht im Kraftwerkslabor der Stadtwerke Zittau GmbH. Sie ist damit eine von insgesamt drei Großversuchsanlagen der Hochschule Zittau/Görlitz in der denkmalgeschützten Halle. Alte Hülle, modernste Verfahrenstechnik.
„Wir haben mehr Wärme- als Energiebedarf in Deutschland.“ Erklärt Prof. Dr. Alexander Kratzsch, Rektor der Hochschule Zittau/Görlitz. „Wir forschen hier mit THERESA beispielsweise an Wasser als Wärmeträger.“ Hochschulrektor oder Professor klingt immer ein bisschen angestaubt und so stellt man sich auch gerne die Personen dahinter vor. Alexander Kratzsch ist das komplette Gegenteil. Man sieht ihm weder den Rektor noch den Professor an, aber der klare Blick und der noch klarere Verstand sprechen für sich.
Mit „Sie müssen sich vorstellen“ beginnen seine Sätze gerne, um dann präzise auf den Punkt zu kommen. „Wasser und Stahl kann die Region, das ist gelernt. Nur logisch, dass wir heute das Kompetenzfeld Energie und Umwelt in Lehre und Forschung an der Hochschule Zittau/Görlitz haben.“
Vor der Wende kamen die Experten für Energie aus Zittau, nach dem deutschen Ur-Knall saßen eben diese Experten in sämtlichen Kernkraftwerken des Westens. Nur heute muss keiner mehr weg. Wer heute noch was bewegen will, der kommt in den Osten.
Der Hochschul-Doppelstandort Zittau/Görlitz bedient nicht nur technisch-wissenschaftliche Studienfelder, sondern auch Geisteswissenschaften. Knapp 3.000 Studierende und rund 500 Mitarbeitende beschäftigt die Hochschule. Laut einer Studie sind die Oberlausitzer die heimatverbundensten Menschen Deutschlands. Das gilt auch für die wissenschaftlichen Mitarbeitenden Annett und Lukas, die in der „LaNDER3halle“(Lausitzer Naturverbundwerkstoffe Dezentrale Energie Rohstoffe, Ressourcen, Recycling) stehen.
Zwei Kinder der Region, die sich für nachhaltige Energiegewinnung und ressourcenschonende Prozesse interessieren. In der Halle, ein nachhaltiger Bau versteht sich, geht es um die 3 großen „R“ unserer Zeit: Rohstoffe, Ressourcen und Recycling. Hier wird daran geforscht, wie und wo man Glasfasern in Plastik mit Naturfasern ersetzen könnte. Das geht grob vereinfacht so: Man nimmt einen nachwachsenden, pflanzlichen Rohstoff. Zum Beispiel Bananen. Aus den herausgelösten Schalenfasern wird mittels unterschiedlicher Verfahren eine Biomasse hergestellt. Am Ende dieser Nutzungsdauer dieses „Naturplastiks“ verarbeitet eine Pilzkultur Teile der Reste. Es ist eine geschlossene Wertschöpfungskette von Naturfaserverbundstoffen. Man lebt und produziert auf dem Industrieniveau des 21. Jahrhunderts mit dem, was die Natur hergibt.
„Sie müssen sich vorstellen, seit einigen Jahren werden Prozesse von hinten her gedacht.“, ergänzt Rektor Kratzsch. „Made in Sachsen, exportiert in die Welt“ schiebt er lachend hinterher. „Und wenn eine(r) unbedingt weg möchte, wir haben Partnerhochschulen weltweit.“
Neben ihm steht der junge Dr. Ing. Rafael Cavalcante Cordeiro. „Ich komme aus Rio de Janeiro, aber ich möchte nicht mehr nach Brasilien zurück. Ich habe hier einen tollen Job, herrliche Landschaft, keine Kriminalität und ein familiäres Umfeld.“, sagt er in perfektem Deutsch. Ich denke an Salsa, Caipirinha und Copacabana und suche die Ironie in seiner Stimme. Rafa lächelt, er meint es ernst. Zittau sei seine Zukunft.