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Tag 5: König Fußball SV Ludwigsdorf 48

2021 06 11 Titel und Beitrag
Fast ausverkauftes Haus im Stadion des SV Ludwigsdorf 48. Perfekte Rasenbedingungen, 26 Grad Lufttemperatur und die Südtribüne mit rund 7 Spielermüttern so gut wie ausverkauft. Die obligatorischen Spielerfrauen bei den Bambinis -(noch) Fehlanzeige.

Chef-Jogi Lars Haupt hat die knapp 20 Jungen und Mädchen sensationell im Griff. Das Aufwärmprogramm ist bretthart, der Ton aber freundlich aufmunternd. „Wir machen das Nashorn“, ruft Lars. Auf allen vieren robben die Bambinis ihrem Ball hinterher um ihn per Kopf vor sich her zurollen. 

Erste Unruhe bei den wenigen Trainingskiebitzen (Vätern) neben dem Rasen. Levi hat sich beim „Nashorn“ mit dem Knie die Nase blutig gehauen. Der 6-Jährige gibt sich ungerührt und hart im Nehmen. Mit einem Taschentuchpfropfen im Nasenloch setzt er sich vor die Ersatzbank und macht erst mal Pause. 

Lars pfeift: „Und jetzt alle Murmeltiere mir nach!“ Die 4-6 Jährigen nehmen jeder einen Ball in die Hand und rollen diesen auf kleine Feldtore. Geschrei, heilloses Durcheinander, lautes Gelächter. Dazwischen das pädagogisch wertvolle Aufmuntern des Trainerstabes um Lars Haupt. 

Mit der neuesten Didaktik und Technikschulung werden die KickerInnen des SV Ludwigsdorf 48 & des SV Zodel 68 so auf die Härten des Wettkampfes vorbereitet. Die Spielermütter auf der spartanischen „Süd“ sind in ihr Pläuschchen vertieft. Zwei Familienväter stehen an ihren Autos und unterhalten sich über Fußball.  Die Kinder sind beschäftigt, die Sonne scheint, alle sind in ihrem Element. Zeit ist jetzt nur noch eine Maßeinheit ohne Relevanz. 

„Trinkpause“ hallt es über den Rasen. 20 Kids stürmen die schattige Auswechselbank, um ihre Trinkflaschen zu greifen. Kurzer Schluck, Gejohle, Chaos, Pfiff vom Trainer und -zack sind alle wieder weg. Nur Alfred und Tim haben gerade keinen Gedanken frei für die schönste Nebensache der Welt. Die beiden 5-Jährigen fachsimpeln über ein leeres Wespennest, welches in der Ecke der Auswechselbank an der Decke klebt. Ich mische mich ein und frage, ob ich es wegmachen soll. „Neeeeiiiin!“ Ich blicke in zwei fassungslose Gesichter. 

Alfred, 5 Jahre alt, im kompletten FC Liverpool Outfit:  Stutzen, Hose, Trikot  und die Kapitänsbinde des FC Liverpool am rechten Arm. Vollprofi mit 5 Jahren. Liverpool ist der geilste Verein der Welt,  erklärt er mir. Dynamo Dresden ist viel geiler, kontert Tim. Es geht hin und her.  Ich würde den beiden gerne jetzt sagen, dass der allergeilste Verein eigentlich  der VFB Stuttgart ist, behalte es aber für mich. Ich möchte das zarte Pflänzchen unser Freundschaft nach dem „Wespennest-Gate“ nicht weiter nachhaltig gefährden.

„Abschlussspiel“, ruft Lars.  Als hätte jemand in einen Bienenstock gestochert, die Bambinis explodieren in alle Richtungen. Alfred und Tim zischen ab. Wespen, Liverpool, Dresden – alles Schnee von gestern. Jogi Löw würde rufen: „Position, Leroy! Rausschieben, Mats! Högschde Disziplin, Toni!“ Lars coacht: „Ja, toll Mia. Weiter so, Paul.“

Paul, dessen Stutzen und Schienbeinschoner „Thomas müllersk“ im Irgendwo um den Knöchel schlackern, zieht ab. Der Torwart pennt, haltbarer Schuss, die Pille zappelt im Netz. Der Bienenstock implodiert unter großem Jubel zu einem kreischenden, schwitzenden Knäuel. 

Coach Lars ist eigentlich Ideengeber für das Projekt MINT-Sportler. Alle Bambinis haben einen NFC-Chip, dieser Magnetanhänger soll die räumliche Orientierung bei Gruppenaufstellungen schulen, und das Verantwortungsbewusstsein schärfen, da er den Materialraum des Vereins öffnet. Tolle Idee, aber im Eifer des Gefechts schwirren die Bambinis natürlich unkontrollierbar durcheinander. 

Abpfiff im Stadion. Die Südtribüne bekommt es im Rausch des Plauschs fast nicht mit. 20 abgekämpfte, aber zufriedene Kinder trotten zu ihren Eltern. Tim, Paul Levi, Mia, Alfred & Co. – man sollte sich die Namen merken, es könnten die Ronaldos und Mbappés von Übermorgen sein.  

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